Gastbeitrag von Crista Henggeler lic. phil. (Inhaberin und Geschäftsführerin von Hirschfactor AG)
Weshalb ein Startup wie Hirschfactor AG in den USA schneller an Kapital rankommen würde als in der Schweiz.
Google, Facebook oder Doodle: Klein haben sie einmal angefangen, auf Investoren gehofft, vielleicht sogar gebangt und natürlich vom grossen Durchbruch geträumt. Startups sind kleine Orakel in einer Welt, die vom Fortschritt angetrieben wird. Sie liefern Ahnungen von dem, was in Zukunft einmal sein könnte – sein könnte, weil längst nicht alle mit Erfolg gekrönt werden. Manche heben nie ab und verschwinden in den ewigen Jagdgründen der Jungunternehmen. Andere setzen eine Internetrevolution in Gang, wie Facebook und Co. Allen gemein ist eines: Hinter ihnen stehen meist EnterpreneurInnen mit innovativen Ideen und Technologien, Durchhaltewillen, einem starken Glauben an sich und ihr Vorhaben sowie einer gehörigen Portion Flexibilität.
Gerade letzteres ist wichtig, wenn man weiterkommen will. «Selten läuft alles so, wie geplant. Das wichtigste ist, immer gleich nach neuen Wegen zu suchen.» Ich weiss, wovon ich spreche. Vergangenen Frühling startete ich und meine zwei Gründerpartner Fabio Magagna und Kai Eberhardt die Jobplattform Hirschfactor, über die registrierte Nutzer kostenlos ihren Freunden und Bekannten Jobs vermitteln können, die von Unternehmen dort aufgeschaltet werden. Am Anfang glaubten wie als Jungunternehmer, dass sich auf Anhieb viele User registrieren würden – schliesslich winken Prämien von bis zu 10’000 Franken. In Tat und Wahrheit stiegen die Userzahlen kontinuierlich auf heute über 1000 an, während die Arbeitgeber gleich von Beginn weg viele attraktive Jobangebote aus der Finanzbranche aufschalteten. Wir dachten damals, unser Wachstum verlaufe umgekehrt und mussten nachher umdenken.
Hirschfactor ist als Spin-off der ETH Zürich hervorgegangen – Hochschul-Spin-offs sind Klassiker in der Schweizer Startup-Szene. Nicht weniger klassisch sind daneben Leute, die schon länger in bestimmten Branchen und Industrien arbeiten und sich entschliessen, selbst ein Unternehmen auf die Beine zu stellen. Letztere sind nach Einschätzung von Magagna weniger riskant aufgestellt als erstere. Meistens haben solche Leute durch die lange Einbindung in einen Job bereits einen hohen Lebensstandart, den sie trotz Startup aufrechterhalten müssen. Ihre Projekte sind deshalb oft so konzipiert, dass sie rasch genug Geld einbringen. Hirschfactor ist eine Mischform. Seit Monaten arbeiten wir neben einem Doktorat bei Magagna und Vollzeitjobs bei Henggeler und Eberhardt in Abend- und Wochenendarbeit am Aufbau des Startups. Trotz vollem Arbeitspensum ist es ein tolles Gefühl, Neues zu schaffen !
Doch auch Vollzeitjobs reichen nicht, um einem eigenen Unternehmen finanziell zum Durchbruch zu verhelfen. Startups sind auf Fördergelder oder Kapital von privaten Investoren angewiesen. In der Schweiz können Jungunternehmer an zahlreichen Schulungen und Wettbewerben teilnehmen, die durch die öffentliche Hand mitgetragen werden. Anders in den USA: Wo staatliche Eingriffe eher auf Argwohn stossen, können junge Leute mit innovativen Ideen kaum auf staatliche Förderung zählen. Private Investoren springen dort in die Presche – mit janusköpfigen Folgen: «Zwar erhält man in den USA von privaten Investoren viel rascher Geld als bei uns, wird aber auch viel schneller ersetzt, wenn man die Ziele nicht erfüllt.» Bezeichnend für die amerikanische Startup-Szene ist laut Eberhardt auch die «Respect to Fail»-Mentalität: Wenn ein Startup Bankrott geht, hat das kaum Einfluss auf die Reputation der gescheiterten Jungunternehmer. Im Extremfall können die gleichen Leute später mit einem neuen Projekt wieder bei den gleichen Investoren an die Tür klopfen. «In der Schweiz ist das anders. Wenn du scheiterst, leidet dein Ruf in der Branche.»
Dieser Worst-Case ist für die Gründungsmitglieder von Hirschfactor kein Thema. Im Gegenteil. In Zukunft wollen sie noch mehr in die Offensive gehen. Ein Schritt in diese Richtung ist mit der Forschung, die das Startup betreibt, bereits getan. Jeder Nutzer, der seinen Kontakten Jobs empfiehlt, erhält einen ‚Hirschfactor’ zugewiesen, um seine Qualität bei den Empfehlungen zu beurteilen. Dahinter steht die Entwicklung eines Algorithmus, welchen die Gründer innerhalb ihres ETH Spin-Off-Forschungsprojektes aufbauen. Das Projekt beinhaltet zudem den Aufbau von Masszahlen, die abbilden, welche Art von Jobangeboten zum jeweiligen Kandidaten und welche Art zum jeweiligen Hunter passt. Von unserer Forschung sollen Hunter, Vermittler und Arbeitgeber profitieren. Aber auch, was seine Dienstleistungen anbelangt, schläft unser Jungunternehmen nicht. Neu können die Hirschfactor-Hunter auf die Jobs der erfolgreichen Jobplattform Jobdirectory.ch zugreifen und haben so noch grössere Chancen auf eine Prämie. Zudem können neu erfolgreiche Hunter ihre Prämien teilweise oder ganz über einen Button auf Hirschfactor.com an die Non-Profit-Organisationen Aiducation International und myclimate spenden.
Gastautor Steckbrief:
Crista Henggeler lic. phil.
Co-Gründerin der Hirschfactor AG – parallel European HR/Operations Specialist bei McKinsey&Company.