EVTEC – Die Schweizer Elektroauto Tüftler

Die Schweizer Elektroingenieure Markus Kramis und Roland Bucher haben zusammen das ETH Spin-off EVTEC AG gegründet. Das Unternehmen mit dem Sitz in Emmenbrücke berät Kunden bei der Konzeption von Elektrofahrzeugen. Auf Wunsch stellt EVTEC den E-Auto Prototyp auch gleich selber her.

Besonders stolz sind Markus Kramis und Roland Bucher darauf, dass sie das ETH Spin-off EVTEC ganz ohne finanzielle Hilfe gegründet haben. Die Jungunternehmer erhielten schon Aufträge, bevor es EVTEC überhaupt gab. Für das Unternehmen mit Sitz im Kanton Luzern arbeitet mittlerweile ein Team von Ingenieuren mit umfangreicher Erfahrung in den Bereichen Elektronik und Regelungstechnik. das Unternehmen berät ihre Kunden bei der Konzeption von Elektrofahrzeugen. Das EVTEC-Team kennt sich aus auf dem Markt und hilft dabei, die verschiedenen Komponenten des Fahrzeugs nach individuellen Bedürfnissen zusammenzustellen. Wünschen die Kunden den Bau eines Prototypen, können dies die Elektro- und Maschineningenieure der EVTEC zusammen mit ihren Fertigungspartnern ebenfalls übernehmen.

David Dyntar, Professor am Institut für Werkmaschinen und Fertigung, hat die Studenten Markus Kramis und Roland Bucher vor fünf Jahren von der Fachhochschule Luzern für ihre Diplomarbeit an die ETH geholt. Die Elektrotechnikstudenten unterstützen angehende Maschineningenieure der ETH beim Bau eines Elektroautos für den Akademischen Motorsportverein Zürich. Dabei hat Markus Kramis seine Faszination für den Bau von schönen und sportlichen Elektroautos entdeckt.

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Bucher und Kramis haben bei Folgeprojekten beratend mitgewirkt und die ETH-Studenten beim Bau von Elektro-Rennautos betreut. Die Ingenieure haben sich dabei zu Elektrofahrzeug-Spezialisten entwickelt und Kontakte zu anderen Fachspezialisten und Fertigungspartnern geknüpft. So auch zur Firma Protoscar, für deren Elektro-Sportwagen Lampo II das EVTEC-Team die ganze Elektronik geliefert hat. Protoscar war auch am diesjährigen Genfer Autosalon präsent und hat dem jungen Spin-off EVTEC die Möglichkeit geboten, an ihrem Stand präsent zu sein. Dort konnten sich die Jungunternehmer auch über die neusten Entwicklungen in ihrer Branche informieren.

Markus Kramis sagt aber, dass die meisten neuen Ideen während des täglichen Geschäfts entstehen. Auch die Zusammenarbeit mit der ETH ist für EVTEC wertvoll. Im Rahmen des SunCar-Projekts am Departement für Informationstechnologie und Elektrotechnik hat Kramis einen Lehrauftrag übernommen. EVTEC unterstützt zudem weiterhin Projekte, die das Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik zusammen mit dem AMZ Racing-Team realisiert.

Im Moment entwickeln die beiden Ingenieure zusammen mit Protoscar eine neue Ladestation für den Hausgebrauch. Dieser Home Charge Device soll später in Serie produziert werden und könnte sich zu einem wichtigen Produkt für EVTEC entwickeln. Für Kramis steht jedoch fest, dass die Zukunft in der Elektromobilität liegt, weil Elektromotoren einen höheren Wirkungsgrad haben als Verbrennungsmotoren: Elektromotoren erreichen einen Wirkungsgrad zwischen 90 und 95 Prozent, derjenige des Benzinmotors hingegen liegt nur bei 35 Prozent und der des Dieselmotors bei maximal 45 Prozent. Auch Hybridelektrofahrzeugen räumt EVTEC ein hohes Marktpotenzial ein. Bei diesen Autos ist ein Verbrennungsmotor eingebaut, der dann benutzt wird, wenn die Akkus des Elektromotors leer sind.

Der ETH Spin-off EVTEC setzt bei der Konzeption von Elektrofahrzeugen auf sportliches Design. (Bild: zVg EVTEC)

Der ETH Spin-off EVTEC setzt bei der Konzeption von Elektrofahrzeugen auf sportliches Design. (Bild: zVg EVTEC)

Noch sind Elektrofahrzeuge für die meisten Autofahrer zu teuer. Ausserdem gibt es in der Schweiz nicht genügend öffentliche Ladestationen, um die Stromversorgung der Elektrofahrzeuge zu sichern. Das EVTEC-Team hat diese Lücke schmerzlich gespürt, als es mit dem Lampo II nach einem Treffen im Tessin bei Protoscar nach Hause fuhr. Der Gotthardtunnel war gesperrt, weshalb das Team über den Pass fahren musste. Dieser Umweg führte dazu, dass die Akkus leer waren, bevor die nächste Ladestation in Reichweite war. Das EVTEC-Team behielt jedoch die Nerven und fand eine unkonventionelle Lösung: Es lud die Akkus mit Strom aus der Steckdose eines Selecta-Automaten.

Vasco Lenzi, Maschinenbaustudent der ETH Zürich, der ein dreimonatiges Praktikum bei EVTEC macht, frohlockt schon jetzt: «In 30 Jahren, wenn fast alle Menschen Elektroautos besitzen, können wir auf langjährige Erfahrung in diesem Business zurückblicken und unsere Dienstleistungen werden bestimmt sehr gefragt sein» laut ETH Life.

Die erfinderische metallorganische Brennstoffzelle

ETH-Professor Hansjörg Grützmacher und seine Research Group haben zusammen mit italienischen Forschern eine neuartige metallorganische Brennstoffzelle entwickelt. Diese produziert neben elektrischer Energie auch Feinchemikalien aus erneuerbaren Rohstoffen – abfallfrei.

Hansjörg Grützmacher hält eine gut faustgrosse, rechteckige Apparatur aus transparentem Kunststoff in der Hand. An der Stirnseite sitzt eine rechteckige Vertiefung, auf der Oberseite ragen zwei Anschlüsse, der eine golden, der andere silbern, heraus. Zwei überdimensioniert wirkende Klammern halten die zwei Teile, aus denen die Apparatur besteht, zusammen. Was man diesem Gerät nicht ansieht: Es ist der Prototyp einer neuartigen so genannt metallorganischen Brennstoffzelle, welche Grützmachers Gruppe in Zusammenarbeit mit einem italienischen Forschungsteam entwickelt hat.

Prototyp der metallorganischen Brennstoffzelle (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich)

Prototyp der metallorganischen Brennstoffzelle (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich)

Diese Brennstoffzelle wird zwar nicht die Energieprobleme der Welt lösen, sagt der ETH-Professor, doch dass man damit aus nachwachsenden Rohstoffen abfallfrei Feinchemikalien herstellen kann, betrachte ich als enormen Fortschritt. Die neue Brennstoffzelle leistet tatsächlich Aussergewöhnliches. Mit ihr lassen sich einerseits abfallfrei Feinchemikalien herstellen, andererseits generiert sie auch CO2-freie, elektrische Energie. Ziel einer umweltfreundlichen Chemie müsse sein, dass bei der Produktion von Chemikalien weniger oder keine Abfallprodukte entstehen. Denn diese sind teils sehr giftig, die Entsorgung ist dementsprechend aufwändig und problematisch, findet Grützmacher.

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Die neue metallorganische Brennstoffzelle arbeitet nach einem völlig anderen Prinzip als bisherige Typen. Sie basiert auf einem speziellen molekularen Komplex, der das Metall Rhodium enthält. Dieser Komplex ist molekular in das Anodenmaterial eingebettet. Die Anode einer Brennstoffzelle nimmt frei werdende Ladungen auf und leitet diese an die Kathode weiter, welche diese wieder abgibt. Dabei wird Strom erzeugt. Das Spezielle an der metallorganischen Brennstoffzelle ist, dass der molekulare Komplex in der Anode als Katalysator wirkt und seine Funktion auf einfache Weise optimiert werden kann. Das Trägermaterial der Anode ist Kohlenstoffpulver, auf welches der molekulare Komplex fein verteilt aufgebracht wurde.

Der aktive Katalysator bildet und verändert sich schrittweise während der chemischen Reaktion, die in der Brennstoffzelle abläuft. Dadurch entstehen aus dem Metallkomplex verschiedene Katalysatoren, die für die einzelnen Reaktionsschritte spezifisch sind. So wird ein Alkohol, wie Ethanol, in ein entsprechendes Aldehyd umgewandelt, im nächsten Schritt in die entsprechende Carbonsäure, wie etwa Essigsäure. Mit Hilfe dieses speziellen Katalysators können aber nicht nur Alkohole, sondern auch Zucker, wie Glucose, umgesetzt werden. Die Ausgangsstoffe, also die eingesetzten Alkohole, können Produkte natürlicher Vergärungen oder Beiprodukte aus der Biodiesel-Herstellung sein.

Dass solche Reaktionen möglich sind, war den Chemikern bereits bekannt. Grützmacher und seine Mitarbeiter mussten bei diesen Umsetzungen jedoch ein Opfermolekül verwenden, welches das bei der Reaktion formal entstehende Wasserstoff-Molekül aufnimmt. Die zündende Idee, dieses Problem zu umgehen, kam dem ETH-Professor und seinem italienischen Kollegen Claudio Bianchini beim Olivenpflücken in der Toscana: Statt des Opfermoleküls könnte eine Elektrode, die Anode, eingesetzt werden, um die Ladungen aus der Reaktion aufzunehmen und direkt in Strom umzuwandeln.

Hansjörg Grützmacher sieht für die metallorganische Brennstoffzelle grosses Potenzial. So konnte im experimentellen Rahmen beispielsweise aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnenes 1,2-Propandiol, ein Dialkohol, sehr selektiv zu Milchsäure umgewandelt werden. Milchsäure wird im grossen Stil industriell erzeugt, um daraus etwa bioabbaubare Polymere herzustellen. Nur: Bei den meisten Verfahren fällt bei jeder Tonne Milchsäure ungefähr eine Tonne Calciumsulphat an, das aufwändig entsorgt werden muss. Die neuartige Brennstoffzelle hingegen setzt die Ausgangsstoffe restlos um.

Grützmacher sieht aber auch andere Anwendungen. Miniaturisiert könnte die metallorganische Brennstoffzelle als Antrieb für Herzschrittmacher verwendet werden. Sie könnte zudem einen Beitrag leisten, den Metallbedarf von Katalysatoren zu senken. Für deren Bau werden oft seltene Erden oder Edelmetalle wie Platin verwendet. Dieses ist nicht nur teuer, sondern auch selten. Wenn es gelingt, einen Katalysator molekular aufzubauen, würde das die Materialeffizienz wesentlich verbessern, betont der Chemiker ETH Life. Ziel sei es, eine Brennstoffzelle zu entwickeln, deren Elektrode ohne Metalle oder zumindest nur mit erdhäufigen Metallen auskomme, sagt er. Kandidaten sind beispielsweise Mangan, Eisen oder Cobalt. In der metallorganischen Brennstoffzelle verwendeten die Forscher bis anhin Rhodium, ein Metall, das zwar oft in heutigen Katalysatoren eingesetzt wird, dessen Verfügbarkeit jedoch begrenzt ist.

Die metallorganische Brennstoffzelle hat allerdings auch Nachteile. Die chemischen Reaktionen laufen langsamer ab als in Lösung, da sie, bedingt durch den Aufbau einer Brennstoffzelle, nur an Oberflächen stattfinden. Die Herstellung grosser Feinchemikalien-Mengen wird deshalb länger dauern als auf herkömmliche Weise. Zudem funktioniert das System vorerst nur mit wässrigen Lösungen. Es ist jedoch vorstellbar, auch nicht-wässrige Lösungsmittel zu verwenden. Wir stehen allerdings erst ganz am Anfang und in näherer Zukunft müssen wir überhaupt erst einmal verstehen, wie sich eine Änderung der Prozessparameter auf die Effizienz allgemein auswirkt, sagt Grützmacher. Diverse Publikationen finden Sie hier zu dem Thema.